Pressemitteilung des Ausländerbeirats der Universitätsstadt Marburg zu den rassistisch motivierten Morden von Hanau

Mahnwache 6 Monate nach den rassistischen Morden in Hanau, 2020, Foto: Steinforth.

Dieses Jahr jährt sich zum zweiten Mal der Tag, an dem in Hanau neun Menschen ermordet wurden. Dieses Verbrechen demonstriert, wozu Rassismus und Hass führen können. Rassismus und Diskriminierung sind zwei der ältesten und schlimmsten Bedrohungen grundlegender menschlicher Werte. Wir, der Ausländerbeirat, sind fest davon überzeugt, dass jeder rassistische Angriff auf die Gesellschaft als Ganzes zielt und zudem einen Versuch darstellt, unsere vielfältige Bevölkerung zu spalten. Die Sensibilisierung der Gesellschaft für rassistische Gedanken, die bewusste Auseinandersetzung mit den Ursachen, die zu Diskriminierung innerhalb der Gesellschaft führen, der Kampf gegen ethnisch, sexuell oder religiös bedingte Diskriminierungen – all dies geschieht nicht über Nacht. Wir alle müssen ernsthaft und ausdauernd daran arbeiten dagegen aufzuklären. Es ist wichtig, sowohl die subjektiven als auch die international-politischen Aspekte von Rassismus zu identifizieren, um dieses Phänomen beseitigen zu können. Der erste Schritt im Kampf gegen Rassismus ist es, darüber zu sprechen. Dieses in unserer Gesellschaft leider präsente Faktum muss benannt und breit diskutiert werden. Wir müssen uns selbst hinterfragen und über die Differenziertheit des Rassismus-Problems in der Gesellschaft, in der wir leben, nachdenken, weil es uns am Ende alle trifft. Die Verkennung rassistischer Ideen, Praktiken und Tendenzen wird Ungleichheit und Diskriminierung perpetuieren und letztendlich Gewalt zur Folge haben.

In diesem Sinne, ist es ein Trost zu hören, dass wir, die Migrantenvereine und Verbände und die Ausländerbeiräte Hessens nicht allein stehen. Die Resonanz und Anteilnahme in der Gesellschaft sind beachtlich und wir spüren einen starken Rückenwind: Zahlreiche Organisationen und Einrichtungen haben sich engagiert. Beispielsweise bietet die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, unter der Initiative «Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung» eine Serie von Veranstaltungen und Fortbildungsangebote u.a. für ihre MitarbeiterInnen, um gegen Hetze und rassistische Gedanken und Parolen zu reagieren und Einhalt zu bieten. Migranten stehen in dieser Gesellschaft nicht alleine!

Wir glauben, dass der Kampf gegen Rassismus neben des Einsatzes staatlicher Mittel mittlerweile ein kollektives Bewusstsein und eine gegenseitige Verantwortung erreicht hat. Wir müssen daher weiterhin die Verbreitung und Tolerierung rassistischer Ansichten und Praktiken stoppen, weil dies dem Phänomen nur Auftrieb gibt. 

Wir müssen aber leider auch feststellen, dass trotz unseres Engagements nunmehr bereits zum dritten Mal Vandalismus am Mahnmal „Memoria“ für die Opfer rassistischer Gewalt in Deutschland verübt wurde. Diese rassistisch motivierte Tat macht uns, den Ausländerbeirat der Universitätsstadt Marburg, tief betroffen, weil wir erkennen müssen, dass Hass und Rassismus in unserer bunten Stadt weiterhin präsent sind und wir uns dagegen zur Wehr setzen müssen. Wir sind mit den Opfern und Betroffenen rassistischer Taten solidarisch und werden diese gemeinsam mit unseren Freunden und Mitstreitern in der Stadt nicht hinnehmen.

Unsere Gedanken sind bei den Opfern von Rassismus, bei ihren Familien und Angehörigen. Lasst uns zur Mahnung und als Appell für ein friedliches Miteinander die Namen der neun Ermordeten von Hanau in Erinnerung bringen: Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu.